Warum ist das Rad für Dich eine Alternative zum Auto?
Als Jugendlicher fing es an. Auf dem Dorf und ohne Moped-Führerschein blieb mir nur das Fahrrad. Aus der Not wurde eine Passion.
Jetzt ist es für mich die beste Alternative zum Auto – zumindest im Alltag und hier in der Stadt. Einkaufen fahren, zur Arbeit pendeln, Altpapier wegbringen oder mal eben zur Eisdiele. All das geht mit dem Rad viel einfacher, schneller, kostengünstiger und zudem macht es mehr Spaß. Wir wohnen am Stadtrand von Lüneburg. Zu den Stoßzeiten im Berufsverkehr bin ich mit dem Rad immer schneller als mit dem Auto. Mein Arbeitsweg führt entlang der Ilmenau auf dem so genannten Treidelpfad. Schöner geht es einfach nicht – Natur pur und keine Autos.
Inzwischen habe ich das perfekte Alltagsrad für mich gefunden: Es hat einen Motor und eine Ladefläche. Dieses einspurige Lastenrad ist meiner Meinung nach die ideale Lösung, wenn man trotz Beladung mal sportlich um die Kurve fahren möchte.
Seit ein paar Monaten bin ich Papa. Meinem Sohn möchte ich diesen „Fahrradfahrerlifestyle“ so gut es geht vorleben. Schon jetzt fährt er im Lastenrad oder im Anhänger mit. Ich freue mich sehr auf die Zeit, wenn er mit einem kleinen Fahrrad neben mir herfährt und mir Löcher in den Bauch fragt.
Wir haben natürlich auch ein Auto, auf das ich nicht verzichten möchte. Es gibt eben auch Situationen, in denen so ein Kombi Vorteile hat.
Wie oft in der Woche fährst du Rad und wohin?
Auf dem Rad sitze ich fast täglich. Zumindest bei schönem Wetter. Hauptsächlich nutze ich das Lastenrad, um in die Stadt zu pendeln. Für Radsport fehlt mir im Moment die Zeit.
In den letzten Jahren bin ich zwischen 7000 und 8000 Kilometer jährlich gefahren. Auf der Straße und im Wald war ich unterwegs, wann immer es ging. Abends und wenn es dunkel oder kalt war, bin ich auf der Rolle durch virtuelle Trainingswelten gefahren.
In diesem Jahr sind es noch keine 1000 Kilometer.
Was für Auswirkungen spürst du?
Im Alltag komme ich morgens gut gelaunt ins Büro. Wenn es draußen kalt ist, komme ich auch wach dort an. Auf dem Rückweg habe ich Zeit meine Gedanken zu sortieren. Zuhause ist dann wirklich Feierabend.
Als ich noch aktiver im Radsport war, war Radfahren zudem meine Entspannungsmethode und mein Ausgleich zum Job.
Als Radfahrer erntete man aber auch hier und da schiefe Blicke, stößt auf Unverständnis. „Wie? Du bist nach Lübeck gefahren und einfach wieder zurück? Warum macht man das?“ oder „Warum fährt man drei Mal nacheinander auf den Brocken hoch? An einem Tag?“ Selbst Radsportkollegen zeigten mir den Vogel, wenn ich von meinen Trainings berichtet habe. „Wie kann man nur 5 Stunden auf der Rolle fahren? Mir dir stimmt doch was nicht.“
Ich spüre aber auch oft genug die Feindseligkeit im Straßenverkehr. Gegenseitige Rücksichtnahme ist leider aus der Mode gekommen. Und das geht nicht gegen die Autofahrer. Auch viele Radfahrer halten sich nicht an die Regeln.
Richtig aufregen kann ich mich hingegen über die Kommentarspalten in den sozialen Medien. Autofahrer gegen Radfahrer – Radfahrer gegen Fußgänger – Fußgänger gegen Rad- und Autofahrer. Vor allem das unterkomplexe, aber immer wieder auftauchende Argument, die Straße würde den Autofahrern gehören, da diese ja dafür mit Steuern bezahlen würden, bringt mich regelmäßig auf die Palme.
Radfahrerfokussierte Verkehrspolitik und Wegeplanung sind dringend erforderlich, damit das Rad auch für andere eine wirkliche Alternative werden kann.
Vor ein paar Jahren konnte ich das Rad sogar für meine Arbeit nutzen. Ich war fast 3 Jahre lang Kontaktbeamter in Lüneburg und bin in der Zeit mit dem Fahrrad Streife gefahren. Das Hobby zum Beruf gemacht, könnte man sagen. Die Reaktionen der Lüneburgerinnen und Lüneburger waren absolut positiv. Ein Polizist auf einem Fahrrad ist eben viel besser ansprechbar. Das hat richtig viel Spaß gemacht.
Es hat auch einen Vorteil, dass Radsport in meinem Leben keine so große Rolle mehr spielt: Ich muss mir nicht mehr die Beine rasieren 😉
Was bemerkt man auf dem Sattel, das einem hinterm Steuer entgeht?
Man spürt sich selbst viel besser. Das meine ich nicht im esoterischen Sinne. Wie bin ich heute drauf? Bin ich fit und ausgeschlafen? Bin ich gesund?
Und natürlich nehme ich meine Umgebung viel intensiver war. Keine Fenster, keine Heizung, keine Klimaanlage und keine Musik. Einfach mal 20 Minuten die Natur und ich.
Fahrrad oder Auto – wie wird deiner Meinung nach die Zukunft aussehen?
Auf das Auto werden wir nicht verzichten können. Ich hoffe, dass die Autoindustrie endlich autonomes Fahren als Spielerei betrachten kann und sich um die Entwicklung wirklicher Alternativen in Sachen Antriebstechnologie kümmert. Die Ingenieursleistung ist in diesem Sektor viel besser aufgehoben.
Das (Lasten-) Rad ist für den urbanen Raum die Lösung. Geringer Platzbedarf, hoher Nutzwert, flexibel einsetzbar und umweltschonend.
Persönlich glaube ich auch, dass Menschen, die regelmäßig Rad fahren und sich bewegen, einfach cooler drauf sind.
Was ist deine früheste Erinnerung ans Fahrradfahren?
Ein rotes Kinderfahrrad, der Busbahnhof meiner Heimatstadt auf Rügen und eine Bordsteinkante, die immer näher kam.
Welchem Prominenten würdest du das Radfahren empfehlen und warum?
Ich staune jedes Mal über viele Abgeordnete des dänischen Parlaments. Die kommen mit dem Rad zur Arbeit. Ich möchte es den Politikern empfehlen. Bürgernähe schaffe ich nicht aus einer gepanzerten Limousine. Mit Prominenten habe ich ansonsten nicht viel am Hut.
Ein Fahrrad-Influencer oder eine Influencerin wären aber mal was. 5 Millionen Follower auf Instagram und Radfahren wird auch für die Kids wieder interessant.
Guckst du manchmal die Tour de France?
Da dieses Rennen im Sommer stattfindet, schaue ich mir nur die Highlights an. Ich bin zu den Zeiten lieber selbst draußen und bestenfalls auf dem Rad unterwegs.
Wie würdest du einem Kind den Klimawandel erklären?
Mein Kind wird den Klimawandel zu spüren bekommen. Meine Aufgabe sehe ich eher darin, ihm zu zeigen, was wir jetzt dagegen tun können.
Kinder und Jugendliche verstehen sehr gut, was uns bevorsteht. Wahrscheinlich sogar besser als wir Erwachsenen.
Die Fridays for future-Streiks zeigen ja deutlich, dass diese jungen Menschen verstanden haben, was die Alten nicht wahrhaben wollen. Die Frage sollte man umdrehen: Wie schafft es die kommende Generation uns Erwachsenen den Klimawandel zu erklären?
Kannst du einen Reifen flicken?
Selbstverständlich. Sogar ziemlich schnell, wenn es sein muss.
Glaubst du, Greta Thunberg fährt viel Rad?
Ich befürchte, sie hat dafür keine Zeit mehr. Ich schätze ihr Engagement sehr und hoffe, dass mehr und mehr Menschen verstehen, was sie uns sagen möchte.
Trägst du immer einen Helm?
Ja. Auf dem Mountainbike oder dem Rennrad trage ich herkömmliche Helme. Auf dem Lastenrad nutze ich einen Airbaghelm – das Ding ist der Knüller.
Gibt es etwas, was du noch loswerden willst?
Radfahren ist veganes Reiten 😉